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Johannes Schaedlich und Charlie Haden in Mannheim am 04.07.2007

Johannes Schaedlich und Charlie Haden (v. l. n. r. :-) in der Musikhochschule
Mannheim (Nov.´07)

Charlie-Haden-Masterclass an der Musikhochschule Mannheim vom 04.11.2007

 

"Ein subjektives Resumee des Charlie-Haden-Workshops vom 04.11.07: Der Frankenthaler Kontrabassist Johannes Schaedlich wurde von einigen Seiten angefragt für einen kleinen Kreis an Fachleuten seine Eindrücke zu schildern. Diese stellte er nun auf Anfrage hin auch regioactive.de zur Verfügung.

 

Jazz-Fans werden sich ein Schmunzeln an der ein oder anderen Stelle nicht verkneifen können." (Einleitungstext von/auf "regioactive.de")

 

„Also - die Karnevalsvereine haben zwar erst für den 11.11.2007 mal wieder zur Mobilmachung aufgerufen. Dennoch war ich bereits am 04.11. als Bassist verkleidet bei der nachmittäglichen Charlie-Haden-Masterclass in der Jazz-Abteilung der Mannheimer Musikhochschule.
Im ersten Teil gab der Meister einiges aus seiner Biographie mit ein paar Schwänken und Pointen zu hören – sehr anschaulich erzählt, kurzweilig und interessant. Es gab sogar zwischendurch Kaffee und Kuchen. Lustig war´s auch, als ein fleißiger Student und begabter junger Bassist neben mir, der eine Mappe mit Haden-Transkriptionen und Interviews dabei hatte, plötzlich in seinem Ordner auf ein (ich glaube) ziemlich altes „Jazz-Podium“-Interview tippte - das Haden gerade da vorn an seinem Tisch leibhaftig und genau so (quasi simultan rück-übersetzt) wiedergab. Echt live eben. Insofern und im Übrigen kam er völlig ohne weiteres Workshop-Konzept aus.

Um es gleich vorwegzunehmen: die Bezeichnung „Masterclass“ erscheint für diesen immerhin netten und lustigen Nachmittag freilich nicht verwendbar. Es waren etwa fünfzehn Kontrabassisten und Kontrabassistinnen - auch aus weiterem Umkreis (z. B. Köln) angereist - und es hatten sich etwa noch einmal so viele Gasthörer eingefunden. Die Teilnehmer hatten eine höhere Erwartung an dieses Ereignis als einen netten Nachmittag mit Stories, Kaffee und Kuchen zu verbringen - spätestens in Anbetracht der Teilnahmegebühr von achtzig Euro wäre das sicherlich nicht gerade ein irrationaler Gedanke.

Das Lustigste war bzw. entstand daraus, dass Organisations-Chef Rainer Kern (u. a. auch Organisator des „Enjoy Jazz“-Festivals) komplett versäumt hatte – wie am Vortag von Haden angefordert – einen Pianisten und einen Drummer zu organisieren*) und deshalb plötzlich hektisch im ganzen Gebäude herumrannte, bis er mit zwei Klassik-Pianisten im Schlepptau wiederkam, die er offenbar aus irgendeiner Übezelle hervor ans Tageslicht gezerrt hatte. Ein richtiger Insider in Sachen Jazz hätte zu größerer Skepsis geraten; hierzulande geht so etwas in aller Regel immer noch schief.
So kam es auch, denn die Ärmsten saßen nun nacheinander am Piano, sahen gleichzeitig begabt und reichlich verstört aus und wußten auf Hadens Frage, über welchen Standard sie ihn begleiten könnten, keine Antwort. Nach einigen peinlichen Schweige-Sekunden (es hat wirklich lange gedauert) rückte die koreanische Pianistin dann plötzlich damit heraus, sie könne „Waltz For Debbie“ oder „Green Dolphin Street“ spielen, was Haden jeweils mit abwehrender Geste so ungefähr a la „Hände hoch“ quittierte - damit offensichtlich meinend, daß er gerade diese Stücke nicht auswendig parat habe. Ein Schelm, wer nicht zugibt, daß er sich wenigstens da mal das Grinsen verbeißen mußte (Anm.: es gibt anscheinend zur Zeit in einem Teil der lokalen Jazz-Szene den „running gag“, diese Szenerie zu Zweit zu rezitieren, indem Einer unvermittelt „Waltz For Debbie“ sagt, daraufhin pronto ein Anderer die Augen aufreißt und übertrieben reflexhaft die Hände erhebt).
Nun, mit Debbie und Charlie wäre es auch eh nichts geworden, denn die symphatische Klavier-Studentin wußte offenbar überhaupt nicht, was unser Dozent mit „begleiten“ meinte - sondern hatte bei ihrem Vorschlag ganz eindeutig ihre Solo-Vortragsversion im Sinn. Das war auch unserem wackeren Charlie nicht entgangen, der schon seit dem Übertreten der Türschwelle immer mal wieder angestrengt zu überlegen schien, was er denn nach seiner Lebensgeschichte sonst noch zum Besten geben könne (der Fachausdruck „Schwellenpädagogik“ ist - viele wissen es: abgeleitet von "Türschwelle"). Plötzlich war ein Punkt erreicht, an dem es endgültig einfach nicht mehr weiterging. Je länger das Schweigen dauerte, desto angestrengter schien er an einer Lösung zu überlegen, die allseitige Verlegenheit zu überwinden - die wahrhaftig von Sekunde zu Sekunde quälender wurde. Prompt forderte er die Pianistin dann endlich auf, den Waltz dann doch einmal zu spielen. So lauschten wir, also an die 30 Bassisten, einer ziemlich getragenen Piano-Solo-Version, die irgendwo zwischen amerikanischem Musical und deutscher Spät-Romantik aus koreanischer Sicht auf Basis internationaler Bar-Piano-Klischees arrangiert war – und applaudierten artig. Ein denkwürdiger Programmpunkt der „Kontrabaß-Masterclass“ für Leute mit Sinn für das Skurrile.

Was war da noch? Da es ja nun ein Bass-Workshop war, hatte er, Charlie, sich noch reihum für das Equipment der versammelten Bassisten/Bassistinnen interessiert. Ich hatte mir einen "Grünert"(-Hochschul)-Baß ausgeborgt; seine Frage an mich war: „Do You like the Wilson-Pickup?“ – meine Antwort „Well, not too much...“ brauchte jedoch offenbar keine weiteren erklärenden Worte. Wahrscheinlich kannte er den Pickup schon; jedenfalls fand er diese Konversation offenbar ausreichend und ging in derselben Art weiter von Bass zu Bass. Wieder an seinen Tisch zurückgekehrt, forderte er mit freundlicher Geste nacheinander einige Leute dazu auf, etwas Solo-Kontrabass vorzuspielen - was er nach jedem Vortrag mit ebenso freundlichem Kopfnicken und den beiden Worten: „yeah, great“ quittierte. Man hatte sich hier freilich fundiertere fachliche Kommentare erhofft und die Verwunderung der Masterclass-Teilnehmer wuchs von Mal zu Mal. Zum guten Schluß gab er sich die Ehre, auch selbst noch zum Baß zu greifen und eine Solo-Improvisation beizusteuern – allerding erst, nachdem es dem Organisationsstab endlich doch noch gelungen war, den Schlüssel zu seinem Basskoffer aufzutreiben. Anschließend bekannte er, dieses „Solar“ schon seit 20 Jahren nicht mehr gespielt zu haben - was mir, ehrlich gesagt, einigermaßen einleuchtend vorkam, denn - ich kann es nicht anders sagen - einige Passagen hatten ziemlich mißglückt geklungen. Für mich um so verwunderlicher, als er doch wahrscheinlich öfters mal „Masterclasses“ gibt, oder nicht?**)
Aber ich weiß es ja auch: das ist alles sehr relativ und mein Eindruck ist naturgemäß erst einmal subjektiv. ich habe mir dann ungefähr folgendes überlegt: „er spielt halt eh seinen Stil, also Charlie-Haden-Musik und das konnte er ja sein Leben lang so machen. Also, was soll‘s - ist ja schön und gut so. Und außerdem hat er immer ein paar tolle Bands und auch außermusikalisch (mit politischem und sozialen Engagement) ein paar sehr gute Aktionen in die Welt gesetzt.“ Er als jemand, der jahrzehntelang praktisch auschließlich seinen ganz persönlichen Stil, vulgo „sein Ding“ entwickeln konnte, wird dann eben auch unverwechselbar in seinen Linien und seinem gesamten persönlichen Sound. Ich will allerdings doch noch sagen: auch in interessanter Kausalität mit seiner von instrumentaler Technik weitgehend unberührten Bass-Spielweise. Yeah, great!

Tja, so war das.

Johannes Schaedlich“

 

 

Fußnoten:

*) Der Umstand, daß weder ein Schlagzeuger noch ein Pianist als Begleiter zur Verfügung gestanden waren, lag im Grunde, um nicht zu sagen: im Kern interessanterweise weit eher an einem Mißverständis (als an einem Versäumnis).
Im Sprachgebrauch insbesondere der Tanz- und Galaband-Szene war es zumindest bis in die neuere Zeit - sagen wir: bis ungefähr in die 1990er Jahre - üblich, nur recht lakonisch das Instrument zu nennen, wenn ein Mitspieler für ein Engagement gesucht wurde. Es konnte also zum Beispiel heißen: "ich brauch für morgen eine Trompete / eine Gitarre / ein Saxophon." Genauso gut also ggf. "ein Piano und ein Schlagzeug". Eben das hatte Rainer Kern dem besagten Studenten mitgeteilt - der das aber nicht so verstand, wie es Kern in seinem ostentativ saloppen Tanzmusiker-Slang gemeint hatte, sondern daraufhin dafür sorgte, daß anderntags eben ein Schlagzeug da stand. Ein Flügel stand ja sowieso schon da. Der Student erzählte mir noch von seiner Verwunderung über die Erwähnung des Klaviers, weil ja doch selbstverständlich und sowieso ein Flügel im Vortragssaal der Musikhochschule vorhanden war - wozu also solle er sich darum kümmern, zum Schlagzeug noch ein "Piano" aufzutreiben? Eine berechtigte Frage, die aber tatsächlich zu fragen unterblieb und damit war das Mißverständnis natürlich perfekt.
Das Ganze wirft allerdings ein merkwürdiges Licht auf die Kompetenz eines Veranstalters, der sich als solcher ausgerechnet im Jazzbereich mit Verve zu profilieren sucht.
Anmerkung: "Enjoy Jazz" ist der Titel des von ihm ins Lebens gerufenen Festivals - aus meiner Sicht steht es folgerichtigerweise eben auch für ein recht kommerzielles Konzept, obendrein mit deutlicher Unterrepräsentierung der inländlischen und insbesondere lokalen Szene, aus der als schlecht verhohlenes Alibi vorwiegend solche Acts ins Programm kommen, die sich ihrerseits vor allem mit Talent als mehr oder weniger geschäftstüchtige "Netzwerker" und Marketing-Strategen hervortun konnten.

 

**)... oder sollte die Version mit Rubalcaba und Motian von 1989 („The Montreal Tapes“) doch das letzte Mal gewesen sein...?

 

Anmerkung d. A.: diese Version enthält zu der bei „regioavtice.de“ veröffentlichten Version leichte Überarbeitungen.
Die zweite Fußnote war ein Bestandteil des Artikels, die komplette erste der beiden Fußnoten ist jedoch erst später (nämlich 2023) hinzugefügt worden.

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